Ein Reisebericht - Tag 2 - Bormio - Lago - Riva

  • Der Morgen des zweiten Tages, und in Italien ist der 3G Empfang selbst in den Bergen besser als in deutschen Innenstädten, und ich hatte das IPad eingepackt – perfekte Bedingungen also, um etwas produktiv zu sein, während die Herren Mitreisenden noch von 1,3 in Richtung 0,9 Promille geschlafen haben


    Das Frühstück war einer Jugendherberge durchaus angemessen, und KlasseBuchungsXAN und seine Follower konnten frisch gestärkt und zu neuen Taten bereit los ziehen zum Tagesziel, Riva am Gardasee.


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    Der MotivationsXAN stimmte uns auf den Tag ein, indem er ihn den „Kurventag“ nannte. Da Strepto und ich wussten, dass er ein manischer Spitzkehrensucher ist, und das somit eigentlich nicht erwähnenswert war, gingen wir (also, Strepto auf jeden Fall!) natürlich davon aus, dass heute der „Weiber Tag“ sein müsse, und freuten uns auf die Kurven.


    Wir fuhren natürlich nicht den direkten Weg, denn Xan, der Konfuzius der Tourenfahrer, hatte uns mit ein paar Regeln der Motorradreisenden vertraut gemacht – der Weg ist das Ziel; genug ist, wenn der Arsch weh tut (also der vom Alex, seine Mitreisenden blendet er komplett aus); Rast machen und Bücher lesen kann man zuhause, wir waren unterwegs, um fossile Brennstoffe zu vernichten. Strepto lehrte uns aber auch eine andere, für Xan und mich als Nichtraucher neue Regel – anhalten = Helm runter = Kippe an – also einen kausalen Zusammenhang – Lothar Matthäus würde sagen „again what glearnt“


    Wir sind aber auch Motorrad gefahren und von Bormio ging es erst mal den Gavia hoch, um Mann & Maschine auf Betriebstemperatur zu bringen – Ihr werdet es vermutet haben, Spitzkehren, aber im trockenen Zustand, eine echte Gaudi. Runter ging es über eine Strasse, bei der man den Italienern, oder eigentlich eher uns, eine Teilung in Ost und West bzw. hier eher Nord und Süditalien mit anschließender Wiedervereinigung und Soli und Aufbau Nord gewunschen hätte – in manchen der Schlaglöchern hätte man ein Schaf verstecken können – eine richtige Gruselstrecke, aber landschaftlich ein Traum.


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    Danach ging es die Schnellstraße entlang durch die Ebene und - Skandal!! kilometerlang durch einen kerzengeraden Tunnel, der wohl keinen Berg über sich hatte, sonst wären wir doch drüber, oder, Xanilein? - bis auf der linken Seite endlich der Gaver kam – klar sind wir da hoch, versteht sich doch von selbst! Das war jetzt nicht die große Herausforderung, aber trotzdem einen Lacher wert. Oben auf dem Gipfel, immerhin über der Baumgrenze, trafen wir ein (sogar aus unserer Sicht) älteres Paar, das sich mit einer Gummikuh die andere Seite hoch gequält hatte.


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    Die Sozia fand den Strepto endgeil und hat ihn, unter dem Vorwand auch mal im selben Kreis gewohnt zu haben, in ein Gespräch verwickelt, in dessen Verlauf sie sich ein paar mal die Haare neu richten musste!! Der Gummikuhist wiederum musste seinen Frust los werden und dem Xan und mir erklären, dass man mit einer Harley nicht in die Berge fahren solle – er hätte selbst eine Heritage und das würde ihm nie einfallen. Da er uns leid tat, beliessen wir es mit einer Belehrung, dass das wenigste, was er hätte, Ahnung sei, und zogen weiter in Richtung Lago di Idro. Am See war dann Mittagspause (nach gefühlten 17 Mal anhalten = Helm runter = Kippe an), und wir saßen quasi direkt am See, also in einem Wintergarten, und haben für €30.- zu dritt gegessen & getrunken – ein Skandal, was die Italiener an Preisen aufrufen! Hier hatte ich auch das erste Mal nach vielen Jahren wieder ein Bodenklo gesehen – also in die Hocke und zielen. Für Mädels mag das Standard sein, ich hab einfach verweigert. Das ist nicht tragisch, Italien hat unheimlich viele Bäume, an die man pinkeln kann.


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    Nun kam das Highlight des heutigen Tages, die Strecke vom Lago di Idro zum Lago di Garda – hier haben die Kurven noch Kurven! Auf einer Brücke mit unglaublicher Sicht haben wir drei andere Poser aus Germanien mit Ihren Harleys (zwei Christen aus Würzburg und einen Atheisten aus Hannover) getroffen und mit denen zusammen das offenbar bis weit über die Grenzen hinaus bekannte anhalten – Helm runter – Kippe an zelebriert inkl. gegenseitigem Fotoshooting. Die Jungs sind in T-Shirts und Badelatschen auf ihrem schweren Gerät gefahren, was wir natürlich verantwortungslos, dämlich und nicht nachahmenswert fanden – das kam sicher durch den schlechten Einfluss des Preußen, den die dabei hatten.


    Weiter ging es zum Gardasee, und ab dort schlug die Hitze unbarmherzig zu – 36°C im Schatten, und wir in vorschriftsmäßiger Kleidung. Der Gardasee hat einen Umfang von knapp 160km, und wir sollten 75% davon abfahren, damit Strepto einen Eindruck bekommen konnte. 120km den Gardasee AM See entlang sind ziemlich lange, weil die Durchschnittspace bei ca. 30km/h liegen dürfte – das zieht sich. Wir haben also angehalten, um verantwortungslos, dämlich und nicht nachahmenswert zu werden, die Jacken ausgezogen und sind im T-Shirt weiter gefahren. Was soll ich sagen, das gute Gefühl hat klar über Sicherheitsbedenken gesiegt. Die Fahrt um den See hat keine Highlights, keine Pässe und keine nennenswerten Kurven – lassen wir es also. Gleich hinter Garda ging es nicht mehr, Wasser ist nur Wasser, und wir konnten einfach nicht mehr, also sind wir auf die Route hinter dem Monte Baldo ausgewichen, um ein wenig mehr Spass zu haben. Der erste, direkte Erfahrungsgewinn war, dass ein Navi, wenn man es auf kürzester Weg stellt, Dich in Italien gerne durch malerische Olivenhaine lotst. Den zweiten hatten wir kurz danach, als wir leicht über der Geschwindigkeitsbegrenzung mit offenen Tüten über eine Kuppe flogen und zwei Strassenräuber in Landesuniform und mit Maschinenpistole!! am der Strada standen und uns anhielten. Mit „uns“ meine ich Strepto und mich, weil bis der RacingXan kapiert hatte, dass die uns meinten, war er schon 200m weiter gefahren. Ich hab natürlich sofort den Knopf gedrückt und bin untertourig ran gerollt, weil auch mit meinem Luftfilter etwas nicht stimmt – das rasselt, ächzt und stöhnt – ich glaub, da fehlt was. Der Gendarm sah, dass wir Deutsche Kennzeichen haben und ich glaube, er wollte einfach nicht Englisch sprechen, und ließ und daher weiter ziehen. Das war schon recht knapp ☺


    Dann noch einmal den Berg hoch und runter (ich hab ein paar mal anhalten – Helm runter – Kippe an unterschlagen), und uns an das Stauende gestellt – und dann an allen vorbei, denn wir hatten die Jacken schon längst wieder an, und die, die wir im Stau überholten, hatten alle die Fenster zu, während wir auf unseren Motoren und Auspuffen saßen, und uns die Cochones wärmten


    Dann – Touchdown, Riva, dem Herrn sei Dank, wir hatten es geschafft! Dachten wir. Das Navi wollte zuerst raus aus Riva, und eine erneute Eingabe OHNE Postleitzahl brachte ein besseres Ergebnis mit einem wahrscheinlicheren Ziel. Dachten wir. Die Strassenplaner von Riva haben einige sehr abwechslungsreiche Einbahnstrassen eingebaut, und unser Hotel lag mitten in der Fussgängerzone. FussgängerXan hat das gelöst, und wir durften offiziell durch die Zone zum Hotel, abladen, und dann auf gut Glück die Tiefgarage suchen, die ca. 500m entfernt war. Das haben wir natürlich auch gemeistert und nahmen, nach ausgiebiger Dusche, auf der Piazza Platz an einen Tisch, um Beck’s aus dem Maßkrug serviert zu bekommen! Ihr wisst ja, immer auf die Nahrungsmittel-Alkohol-Balance achten, und wir wussten, was wir Riva schuldig waren.


    Ende Tag 2 – 11 Stunden auf der Karre – 473 km

    Alle sagten, das geht nicht - dann kam Einer, der wusste das nicht, und hat's gemacht

  • "da wo die kurven noch kurven haben"... gefällt mir, aber der Harrytätsch Fahrer hat doch irgendwie recht wenn man mit vorverlegten unterwegs ist wird die sache nicht einfacher. Der Weg ist also das Ziel wenn man nicht zum Eisessen an den Lago will.

  • Ich war so vertieft in deinen Bericht, dass ich beinahe gedacht habe ich bin mit euch unterwegs gewesen


    Kann mich nur noch mal wiederholen super geiler Bericht würde gerne aber noch mehr lesen


    Grüße Ben


    Und wünsche euch immer eine unfallfreie Fahrt

    :thumbup: Den Helm runter-Zigarette an- den Helm auf und weiter geht's