Toulon-München

  • Hi Leidls,


    heute möchte ich euch von einer auch für mich nicht alltäglichen Fahrt berichten. Mein lieber Freund @Stefan Gympel hat letzten Monat auf Mallorca geheiratet, eine sehr bewegende Trauung und ein tolles Fest bei dem ich dabei sein durfte. Aber dies ist nicht das Thema. Das Thema ist meine Rückreise von Mallorca nach München.

    Morgens um 7:45 Uhr hatte ich die Abfahrt geplant vom Hotel nach Alkudia auf die Fähre. Natürlich stand der beste Stefan von allen bereits um 7:30 da um mich zu verabschieden. Die Fahrt nach Alcudia verlief problemlos, das war aber auch schon alles was in den nächsten 30 Stunden problemlos verlief. Am Hafen angekommen zeigte ich den Screenshot meines Tickets und bekam die Meldung "Ticket incomplete". Der erste Adrenalinstoß. Wie warum weshalb stammelte ich und hielt immer wieder das Handy hin. Die Reaktion der spanischen Kontrolleurin: mir doch egal, geh weg, ich will keine Probleme haben. Ich hab dann den bösen Blick eingeschaltet und die Stimme um einige Level in der Lautstärke angehoben und nach kürzester Zeit hat das Ticket doch gepasst. Es hilft deutlich groß, glatzköpfig, bärtig und mit Leder bekleidet zu sein.

    Auf der Fähre wars ganz nett, die eine Hälfte der Passagiere hat gekotzt, die ander Hälfte war auf dem Rückweg vom Kotzen, richtig, es herrschte leichter Seegang. Mir machte das nichts aus, hab anscheinend Seefahrerbeine. Das könnte auch daran liegen das ich es gewohnt bin das der Boden unter meinen Füßen des öfteren schwankt.:D

    Das Schiff wich dann vom normalen Kurs ab und hielt sich immer an der spanischen Küste entlang was die Fahrzeit der Fähre deutlich verlängerte. Gegen 22:00 Uhr war dann Toulon erreicht und ich fuhr eingedenk des Rates meines Freundes Stefan von Bord, gleich nach der Landung noch 200-300 km nach Italien zu fahren um dort zu übernachten.

    Wer die französische Küstenautobahn kennt weiß das sie genauso kurvig ist wie eine Passstraße. Der Sturm hatte mittlerweile auch die Küste erreicht und das Fahren war mit dem beständigen Seitenwind doch ein wenig anstrengender. Insbesondere weil ich ja dauernd in leichter Schräglage fuhr um geradeaus zu kommen. Das war nicht weiter schlimm, blöd waren nur die ständigen Lärmschutzwände die entlang der Autobahn stehen. Wind da, Schräglage notwendig, Wind weg, Schräglage ziemlich blöd. Ich war also ständig am Mopped hin und her werfen. Durch die massive Verspätung der Fähre hatte ich keine Chance vor Mitternacht nach Italien zu kommenund fuhr dementsprechend in Cannes, logo, wenn schon denn schon, ab und suchte ein Hotel. 23:45 stand ich dann vor einem schäbigen Ibishotel und fragte nach dem Zimmerpreis. Wollten die doch glatt 100 € für ein paar Stunden. Ich sagte 50 € wären okay, aber sie ging nur auf 90 € runter. Mich ärgern können andere besser dachte ich mir und fasste den Entschluß: DANN FAHR ICH HALT HEIM.

    Also, rauf aufs Bike, auf die Bahn und los gings, .......... mit dem Ärger. Ab der italienischen Grenze war die gesamte Autobahn EINE Baustelle. Entweder war ich auf der anderen Seite verschwenkt oder die waren bei mir. Gegen 2:30 war dann Sense, Totalsperre an einem Ortsanfang. Also runter von der Bahn und in der Ausfahrt bereits Stau. Naja, ich als gesetzestreuer Motorradfahrer hab mich natürlich hinten angestellt, ......... für ungefähr 10 Sekunden und bin dann auf der Gegenfahrbahn vorbeigerauscht. Circa 10-15 Minuten dauerte es bis ich vorbei war, schätze die Autofahrer standen 2 Stunden, und das gegen 2:30 Nachts in einer Ortschaft. Die Ursache des Staus war eine Ampel auf der Küstenstraße die an einer Baustelle, perfektes Timing liebes Baureferat, die den Verkehr nur einspurig zuliess. Hätte ich diese Ampel ins Meer geworfen hätte man mir wahrscheinlich einen Nationalfeiertag gewidmet.

    Zurück auf der Bahn wurde es immer frischer und ja, es begann zu regnen. Gut gerüstet wie ich war kein Problem, Regenklamotten raus und weiter gehts. Die Planung war ja, an der Küste entlang, dann schräg links ins Landesinnere und über den Brenner heim. Mein Navi dachte sich das anders, ich hatte schnellste Route eingegeben und die geht nicht über den Brenner, aber dazu später mehr. Als der Regen aufhörte, nach etwa 40 km dachte ich jetzt wirds besser. Pfeifendeckel, da hat der Wettergott nur kurz Luftgeholt. Suppe, richtig dicke, nasse und kalte greislige Nebelsuppe. Wer sich immer schon mal gefragt hat warum in der italienischen Tiefebene, übrigens die größte Europas, überall Schilder stehen: In Casio di Nebbia ..... dem kann ich sagen, die stehen da zu recht. Circa 200 Kilometer dichtester Nebel, Sichtweiten zwischen 50-150 Meter und absolut keine Autos vor, hinter oder neben mir, auch keine entgegenkommenden. Mutterseelenallein in Italien. Da hätten ganze Flotten von Aliens auf der Bahn parken können, außer einem beleidigten und depperten Bayern hät das niemand bemerkt. :rocker:

    Irgendwann kurz vor Mailand, Mailand???, wieso bin ich in Mailand?????, hörte der Nebel auf und es war halt nur noch Nacht. Jetzt merkte ich das mein Navi mich über die Schweiz lotsen wollte. Ahhhh, auch okay, am Brenner kenn ich eh jeden Kratzer an den Leitplanken. Also auf in die Schweiz. Como bei Nacht ist auch ....... nicht schön, sieht man ja nix. Die Schweizer wollen ja wie die Österreicher ein Pickerl für die Autobahn, aber weils gierig sind, nehmens halt gleich 40 Franken, zumindest theoretisch. Das problem ist nämlich, am Sonntagmorgen vor 6 Uhr hat nix auf wo man das Pickerl kaufen kann, keine Tankstelle, kein Mauthäusl, gar nix. Nach ein paar Kilometer als Autobahngebührenbetrüger kam dann die Lösung des Problems, Totalsperre! Nagut, runter von der Bahn und auf winzigen Passstraßen zur nächsten Auffahrt. Also in der Schweiz sind viele ................. Berge, richtig, und was ist es in den Bergen immer? Richtig, nachts scheißkalt. Waren die Temperaturen in Fraaankreiiiissch noch bei angenehmen 15-18 Grad fielen die in Italien im Nebel so auf 5-6 Grad, also kuschlig warm im Gegensatz zur Schweiz. Die begrüßte mich nämlich mit 1-2 Grad, unten im Tal. Irgendwann fand ich eine Tanke die mir das Pickerl verkaufte und ich fuhr beruhigt weiter. Die Schweizer sind nämlich was Verkehrssünden betrifft die schlimmten Raubritter und Wegelagerer, ruckzug mußt du deine Kinder verkaufen und dir werden Arme und Beine gebrochen. Als ich über den San Bernardino Pass fuhr, 50 m unter der Schneegrenze und bei leichten Minusgraden begann im Osten sich ein leichter rosa Schimmer zu zeigen, es war ja schon nach 7:00 Uhr und ich freute mich nach einer sternenklaren Nacht auf die Sonne die mich wärmen würde. Tja, bläd glaffa! Kaum war ich unten im Tal, Neeebbbellll!!!! Wär ja sonst auch langweilig. Nach einiger Zeit wurde ich dann doch etwas müde und ich dachte ich halte mal an um einen Tee zu trinken und mich etwas aufzuwärmen. Leute, wenn ihr in der Schweiz auf derAutobahn halten wollt sucht ein "Heidiland". Kitsch as Kitsch can, zumindest außen. Innen ein Feinkostladen vom feinsten, sehr zu empfehlen. Ich trank einen Tee und als ich mich soweit aufgewärmt hatte das der kleine Xan wieder aus dem Bauchraum hervorgekrochen kam ging ich zur Toilette. Toilette, welch profanes Wort für die exquisite Anlage. Der Eintritt kostete einen Euro und ich erhielt einen Verzehrbon über diese Summe. Da ich aber unbedingt mal wieder Motorradfahren wollte überreichte ich meinen Bon einer Dame die im Begriff war sich etwas zu kaufen. Ich erntete eine leicht entsetzten Blick, herabgezogene Mundwinkel und eine ablehnende Geste. Die Schweizer haben so viel Geld, die wollen nicht mal was geschenkt.

    Endlich wieder aufm Mopped fuhr ich weiter durch Nebelbänke und gleißenden Sonnenschein. Perfektes Irismuskeltraining. Durch Bregenz fuhr ich um mir die Autobahngebür für Österreich zu sparen. Ich versteh nicht das die da nicht eine Ausnahme machen, unmengen an Schweizern, Deutschen und LKW aus ganz Europa quälen sich durch den Ort und die Stadt erstickt im Verkehr aber die ASFINAG bleibt stur. Kurz hinter Bregenz wieder auf die Autobahn und .............. richtig, Neeebellll, bis Memmingen. Ab da Sonne, zwar auch nur 4-6 Grad, aber immerhin. Gegen 11:30 amSonntag war ich dann daheim und die heiße Badewanne taute mich nur unter größten Anstrengungen wieder auf. Ach ja, wer sich jetzt fragt mit was für einem Motorrad ich fuhr, natürlich mit der Streetglide, auf meiner Muscle hätte ich diese Tour von ganz knapp 1000 km nicht machen können. Nach knapp 30 Stunden Gesamtreisezeit und fast 14 Stunden aufm Mopped endlich daheim.


    DER Xan ( Eisenarsch Xan )


    P.S. zurück war ich am 24.10. und hab seitdem schon wieder 1100 km mehr auf der Uhr 0:-)

  • Ganz, ganz großes Kino Applaus

    Alex, Du hast nicht nur für die (eigentlich XAN-typische😜) Konsequenz und bajuwarische Sturheit - genannt "Leckts mi am Osch" - sondern auch für die brilliante Erzählung meinen Respekt !:demut:

    Herzlichen Dank für diese wunderbare Belebung des Forums :headbanger:

  • Du bist und bleibst ein verrückter Hund. Toll geschrieben !!

    Und wann brauchst du eigentlich eine neue SG

  • Xan, du wirst / bist glaube ich jetzt langsam und alt. 14 Std für knapp 1000 km.....seit wann bummelst du denn so, dass wäre dir mit der Muscle nicht passiert.;)


    Gruß Baumi

    Die Stimmen in meinen Kopf mögen nicht echt sein, aber sie haben geile Ideen...........

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Baumi ()